Die an der TU Wien entwickelte Messtechnik zeigt, dass Rasterkraftmikroskope ohne aufwändige Datenverarbeitungstechnologie auskommen. Eine im Sensorelement eingebaute maßgeschneiderte elektronische Schaltung liefert auf direkte, unkomplizierte Weise Information über den Zustand der Spitze.
Experimente verliefen bereits sehr erfolgreich. „Es gibt bereits erste Gespräche mit Herstellern von Rasterkraftmikroskopen, um diese Technologie zu verwerten“, sagt Prof. Georg Schitter, Leiter der Gruppe für Advanced Mechatronic Systems am ACIN. „Aber wir untersuchen auch weitere Anwendungsgebiete der Schwingungsmessung, wo diese Methode verwendet werden kann und so die Instrumentierung verbessert oder vereinfacht.“
Neue Technik mit alter Präzision
Das Grundprinzip des Rasterkraftmikroskops ist sehr einfach. Eine extrem dünne, bewegliche Spitze bewegt sich über eine Oberfläche, die man untersuchen möchte. Winzige Kräfte auf atomarer Skala wirken zwischen der Spitze und der Oberfläche und beeinflussen die Bewegung der Spitze. Wenn man das Verhalten der Spitze sehr genau misst, kann man daraus Information über die Oberfläche gewinnen und am Computer ein hochauflösendes Bild feinster Oberflächendetails erstellen.
Um die nötige Präzision zu erreichen, setzt man heute oft relativ aufwändige Datenverarbeitungstechnologie ein. An der TU Wien konnte man nun zeigen: Es geht auch einfacher. Direkt in das Sensorelement eines Rasterkraftmikroskops (auch AFM genannt – für „atomic force microscope“) wurde eine maßgeschneiderte elektronische Schaltung eingebaut. Ihr Signal liefert auf direkte, unkomplizierte Weise Information über den Zustand der Spitze. Die Präzision ist genau so gut wie bei bisherigen Geräten. Allerdings ist die neue Technik viel kompakter, einfacher und vor allem kostengünstiger. Der Prototyp funktioniert bereits bestens, nun werden Industriepartner gesucht.
Rasterkraftmikroskop: Laserstrahlen oder Präzisionselektronik
„Es gibt unterschiedliche Methoden, die Bewegung der Spitze zu messen“, erklärt Mathias Poik vom Institut für Automatisierungs- und Regelungstechnik (ACIN) der TU Wien. „Man kann zum Beispiel einen Laserstrahl auf den Hebel richten, an dem die Spitze befestigt ist. Wenn sich die Spitze ein kleines Stück bewegt, wird der Laserstrahl messbar abgelenkt.“
Es gibt aber auch Rasterkraftmikroskope, die ohne Laserstrahl auskommen. Man kann die Spitze in Schwingung versetzen und dann elektrisch messen, wie sich die Schwingung im Lauf der Zeit verändert. Dafür verwendet man piezoresistive Materialien: Sie ändern ihren elektrischen Widerstand, wenn sie verbogen werden. Das Schwingen der Spitze führt somit zu einem oszillierenden elektrischen Widerstand, das Signal wird an einen Computer weitergeleitet.
„Die Frequenz, mit der die Spitze im Mikroskop schwingt, wird fest vorgegeben“, erklärt Mathias Poik. „Entscheidend für uns ist: Mit welcher Amplitude schwingt sie? Und wo kommt es zu Phasenverschiebungen?“
Wenn man mit der Spitze zum Beispiel einen sehr harten Bereich der Oberfläche abtastet und sie dann über eine weichere Stelle bewegt, dann kommt es zu einer Änderung der Schwingungsphase – die Schwingung der Spitze fällt für einen Augenblick kurz aus dem Takt. Wenn man das exakt misst, kann man wertvolle Information über die Oberfläche gewinnen.
Elektronik direkt in den Sensor eingebaut
„Aus dieser Schwingung Amplitude und Phase abzulesen, ist grundsätzlich kein Problem – aber man löst das heute mit relativ komplizierter und teurer Mess- und Datenverarbeitungstechnik“, sagt Mathias Poik. „Wir haben einen ganz anderen Zugang gewählt: Wir bauen das wesentliche Element der Datenverarbeitung direkt in die Hardware ein, das Signal wird schon verarbeitet, bevor es in einen Computer geschickt wird.“
Direkt im Sensor, an dem die schwingende Spitze befestigt ist, wird eine elektronische Schaltung eingebaut. Diese Schaltung multipliziert das Signal der Spitze (eine sinusförmige Schwingung) mit einer anderen Schwingung mit derselben Frequenz. „Mathematisch sieht man leicht: Durch diese Multiplikation entsteht ein Signal, an dem man dann Amplitude und Phase der ursprünglichen Schwingung sehr einfach ablesen kann“, erklärt Mathias Poik. „Und das ganz ohne spezielle Sensoren mit hohen Abtastraten und aufwändiger Computertechnik – sondern einfach nur durch eine relativ einfache elektronische Schaltung, die wir direkt im Sensor eingebaut haben.“
Während bei herkömmlichen Sensoren Gleichspannung verwendet wird, arbeitet die neue Methode mit Wechselspannung. Das hat unter anderem zur Folge, dass die Methode auch für Messungen an Flüssigkeiten (zB biologischen Proben) gut geeignet ist.