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Produktsicherheit in der Verpackungsindustrie

10. Januar 2024 von Birgit Fischer

Der interpack Fachartikel „Ohne Verpackung geht es nicht“ thematisiert Herausforderungen an die Produktsicherheit in der Verpackungsindustrie. Insbesondere in der Lebensmittel- und Pharmaindustrie machen Verpackungen Waren erst transport- und lagerfähig, stellen Hygiene, Qualität, Echtheit und Unversehrtheit sicher.

Wird oft vergessen: Die Hauptaufgabe von Verpackungen ist der Produktschutz. | Foto: Messe Düsseldorf/Constanze Tillmann
Wird oft vergessen: Die Hauptaufgabe von Verpackungen ist der Produktschutz. | Foto: Messe Düsseldorf/Constanze Tillmann

Verpackungen stehen heute oft in der Kritik, vor allem, wenn sie aus Kunststoff hergestellt sind. Es geht dann um zu viel Müll, CO2-Emissionen und den Ressourcenverbrauch. Darüber wird häufig ihre wichtigste Funktion vergessen: Produkte zu schützen, so dass sie unbeschadet beim Verbraucher ankommen. Denn dafür sind Verpackungen unverzichtbar.

Eine gute Verpackung schützt ihren Inhalt optimal, das ist ihre Hauptaufgabe. Wohl nirgends wird das so deutlich und ist das so wichtig wie im Bereich Lebensmittel. Innovative und intelligente Verpackungslösungen tragen entscheidend dazu bei, dass weniger Lebensmittel verschwendet werden. Auf der interpack erfuhren die Besucherinnen und Besucher im vergangenen Jahr unter anderem, wie Lebensmittelverluste während des Abfüllprozesses minimiert werden, wie eine zuverlässige Produktinspektion und hochwertige Versiegelung gelingt oder wie unerwünschte Kontaminationen vermieden werden können.

Was häufig in der Verpackungsdebatte nicht auftaucht: Nur ein geringer Anteil der Klimawirkungen von Produkten, insbesondere von Lebensmitteln, geht auf die Verpackung zurück. Eine Butterverpackung trägt beispielsweise nur 0,4 Prozent zum CO2-Fußabdruck des Gesamtprodukts bei, eine Milchtüte rund vier Prozent. Berücksichtigt wird dabei der  gesamte Lebenszyklus der Verpackung, also auch ihre Entsorgung, wie die Arbeitsgemeinschaft Verpackung + Umwelt (AGVU) in einer Studie ermittelt hat. Der weitaus größte Anteil der Klimawirkung entfällt also auf das verpackte Produkt selber. Doch weltweit gehen jährlich rund ein Drittel der produzierten Lebensmittel in der Wertschöpfungskette verloren oder werden verschwendet. Dagegen will die 2011 von der Messe Düsseldorf und der interpack ins Leben gerufene SAVE FOOD Initiative angehen. Verpackungen spielen in ihren Programmen eine wichtige Rolle.

Sichere Lebensmittelverpackungen

Noch immer werden Lebensmittel in Kunststoff-Mehrschichtverbunde verpackt, denn die verschiedenen Schichten lassen sich gut an die Schutzbedürfnisse des jeweiligen Produkts anpassen. Multilayerverpackungen sind aber derzeit nicht recyclingfähig und landen daher auf der Deponie oder werden thermisch verwertet. In dem Forschungsprojekt Circular FoodPack, das noch bis 2024 läuft, arbeiten Wissenschaftler des Fraunhofer Instituts IVV gerade daran, Lebensmittelverpackungen im geschlossenen Kreislauf zu recyceln und für den direkten Lebensmittelkontakt einsetzbar zu machen. Sie entwickeln dazu innovative Monomaterial-Verpackungen, die den Mehrschichtverbunden in ihrer Schutzfunktion nicht nachstehen, aber eine Kreislaufschließung durch Recycling und Wiedereinsatz ermöglichen.

Um Rezyklate wieder in Lebensmittelverpackungen verwenden zu können, müssen strenge gesetzliche Vorgaben eingehalten werden. Die europäische Verordnung 2022/1616 über Materialien und Gegenstände aus recyceltem Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen, fordert nachweisbare funktionelle Barrieren für den Wiedereinsatz in Lebensmittelverpackungen. Das Fraunhofer IVV hat deshalb eine Screening Methode für funktionelle Barriereschichten entwickelt, die die Migration von unerwünschten Stoffen in Lebensmittel verhindern sollen. Dazu wurden als Barriereschicht dünne organische und anorganische Beschichtungen untersucht und im weiteren Projektverlauf im Einsatz getestet.

Papier- und Kartonverpackungen erfreuen sich immer größere Beliebtheit, müssen aber auch den nötigen Barriereschutz bieten. | Foto: BASF
Papier- und Kartonverpackungen erfreuen sich immer größere Beliebtheit, müssen aber auch den nötigen Barriereschutz bieten. | Foto: BASF

Papier ist nicht immer die erste Wahl, wenn es um das Verpacken von Lebensmitteln geht, insbesondere von solchen mit flüssigen oder fettigen Inhaltsstoffen. Denn faserbasierte Materialien erfüllen nicht immer die geforderten Barriereeigenschaften. Andererseits gibt es einen Trend weg von Kunststoffverpackungen hin zu Papierverpackungen. Wenn Verpackungen mit flüssigen oder fettigen Produkten in Kontakt kommen, ist daher der Barriereschutz eine zentrale Funktion. Eine Lösung bietet die BASF mit ecovio, ihrem zertifizierten kompostierbaren Kunststoff auf Basis nachwachsender Rohstoffe. In diesem Jahr hat das Unternehmen sein ecovio-Portfolio für extrusionsbeschichtete Papier- und Kartonverpackungen um eine Type erweitert.

Es ist für den Kontakt mit Lebensmitteln zugelassen und weist gute Barriereeigenschaften gegenüber Flüssigkeiten, Ölen, Fetten und Mineralölen sowie eine gute Temperaturbeständigkeit gegenüber kochendem Wasser bis 100 °C auf. Darüber hinaus haftet ecovio sehr gut auf vielen Papier- und Kartonoberflächen. Damit eignet sich die neue Type für papierbasierte Lösungen wie Becher und Behälter für Molkereiprodukte, für Tiefkühlkost, als Einschlagpapier für Sandwiches und Müsliriegel, Schalen für Süßwaren und Snacks sowie To-Go-Becher für Heiß- und Kaltgetränke oder Suppen. Wichtig für die Wirtschaftlichkeit: Die Beschichtungsgeschwindigkeit der neuen Extrusionsbeschichtung ist laut Hersteller vergleichbar mit der von Polyethylen (PE). Und je nach Anwendung und Ausrüstung können ähnliche Schichtgewichte wie bei PE erreicht werden – es sind also sehr dünne Beschichtungen möglich.

Ein Verschluss gegen Lebensmittelverschwendung

Auch intelligente Verschlüsse werden aktuell eingesetzt, um Lebensmittelverschwendung zu minimieren. United Caps hat in diesem Jahr mit Bump Cap einen Verschluss vorgestellt, der es ermöglicht, das heute übervorsichtig angesetzte Mindesthaltbarkeitsdatum ohne Risiko für den Verbraucher zu überschreiten. Der Verschluss wird durch den Verbraucher automatisch aktiviert, wenn dieser die Kappe zum ersten Mal mit einer Drehbewegung öffnet. Solange die Deckeloberfläche glatt liegt, ist das Produkt noch frisch. Sollte sich die Folie jedoch bucklig anfühlen, ist das für den Verbraucher ein deutliches Zeichen, das das Verfallsdatum überschritten ist. Die Idee dazu hatte das Londoner Start-up Mimica, dessen Gründerin Solveiga Pakštaitė ursprünglich nur einen Flaschenverschluss entwickeln wollte, der sichteingeschränkten Menschen Informationen über die Haltbarkeit des Produktes vermittelt.

Der Bump Cap ermöglicht, das heute übervorsichtig angesetzte Mindesthaltbarkeitsdatum ohne Risiko für den Verbraucher zu überschreiten. | Bild: Mimica
Der Bump Cap ermöglicht, das heute übervorsichtig angesetzte Mindesthaltbarkeitsdatum ohne Risiko für den Verbraucher zu überschreiten. | Bild: Mimica

Der Bump Cap trifft in zwei Teilen an der Abfüllanlage ein. Die Deckelbasis wurde von führenden Herstellern von Abfüllanlagen getestet; ihre Verarbeitung erfordert an der Anlage nur geringfügige Modifikationen. Die Verschlusskappe wird mit der Buckelfläche, dem Gel und dem Aktivator ausgestattet und nach dem Abfüllen mit einer Spezialmaschine aufgebracht. Diese Maschine lässt sich wie andere Module, beispielsweise zum Etikettieren oder Folieneinschlagen, mühelos in die Produktion integrieren.

Fremdkörper und Fehler eliminieren

Inspektionslösungen sind für die Sicherheit von Produktverpackungen von großer Bedeutung. Auf dem Markt gibt es eine Vielzahl von Systemen, die verschiedene Arten von Fremdkörpern erkennen können. Für Metalle bieten sich industrielle Metalldetektoren an, um metallische Fremdkörper sicher zu erkennen und aus den Produktionslinien auszuschleusen. Sie unterstützen Hersteller dabei, die Konformität zu wahren, das Risiko von Rückrufaktionen zu minimieren und Stillstandzeiten in der Produktion zu reduzieren. Sollen auch andere Fremdkörper erkannt werden, empfiehlt sich die Nutzung von Röntgeninspektionssystemen.

Mettler-Toledo zeigte in diesem Jahr eine neue X-Ray-Lösung, die einzelverpackte Lebensmittel oder Pharmazeutika bei hohen Fertigungsliniengeschwindigkeiten prüft. Auch die Überprüfung von Labels, Aufdrucken oder dem Mindesthaltbarkeitsdatum ist für die Produktsicherheit von Bedeutung. Hier liefern Anlagen zur visuellen Produktinspektion präzise Ergebnisse.

VisioPointer: Optische Inspektion zur Qualitätssicherung von verpackten Produkten. | Bild: Minebea Intec
VisioPointer: Optische Inspektion zur Qualitätssicherung von verpackten Produkten. | Bild: Minebea Intec

Der VisioPointer von Minebea Intec arbeitet beispielsweise standardmäßig mit drei Kameras, mehreren Beleuchtungsarten sowie optionalen Seiten- und Satellitenkameras für die mehrseitige Analyse. Darüber hinaus bildet er eine zuverlässige Siegelnahtinspektion ab. Diese Inspektion ist eine wichtige optische Qualitätsprüfung im Lebensmittelbereich, da nur mit einer absolut dichten Verpackung das Mindesthaltbarkeitsdatum des Produkts erreicht werden kann.

Nachhaltiger Fälschungsschutz

Fälschungsschutz ist ein weiteres großes Thema der Produktsicherheit, das vor allem Pharmaprodukte betrifft. Sicherheitsetiketten sorgen beispielsweise dafür, dass Öffnungsversuche klar erkennbar sind. Doch bei der Verwendung auf Pharmafaltschachteln behindern sie das Recycling, da ein Teil ihrer Folie fest auf der Kartonverpackung verbleibt. Securikett hat jetzt nachhaltige und umweltfreundliche Sicherheitsetiketten aus Papier mit integrierter Öffnungslasche und Abziehbarriere entwickelt. Die „It’s Paper“-Familie umfasst mittlerweile ein breites Portfolio an vielfältigen Papieretiketten, die mit unterschiedlichsten Sicherheitsmerkmalen ausgestattet sind und problemlos mit dem Karton recycelt werden kann.

Neue Papieretiketten bieten Schutz vor Fälschung und können recycelt werden. | Bild: Securikett
Neue Papieretiketten bieten Schutz vor Fälschung und können recycelt werden. | Bild: Securikett

Neue Marke für Korrosionsschutz

Sichere Verpackungen, die ihren Inhalt optimal schützen, sind nicht nur für Food und Pharma unverzichtbar. Auch Non-Food-Produkte, beispielsweise Bauteile aus Metall, benötigen oft mehr als nur eine einfache schützende Hülle. Hier muss die Verpackung auf dem Transportweg auch für den Korrosionsschutz sorgen. Verpackungshersteller Antalis bündelt nun seit 2023 seine Kompetenz unter einer eigenen Korrosionsschutzmarke.

Über gekrepptes VCI-Papier gelangen noch mehr Wirkstoffe in die Verpackung. | Bild: Antalis Verpackungen GmbH
Über gekrepptes VCI-Papier gelangen noch mehr Wirkstoffe in die Verpackung. | Bild: Antalis Verpackungen GmbH

Korus bietet VCI-Papier und -Folien für den europäischen Markt an. VCI (Volatile Corrosion Inhibitor) ist ein spezieller flüchtiger Wirkstoff, der als Trägerbeschichtung auf Papier oder Folie in einer dichten Verpackung permanent ausdampft und so eine Schutzatmosphäre um das empfindliche Metall bildet. Nach dem Öffnen der Verpackung verflüchtigt sich der Inhibitor rückstandsfrei – im Gegensatz zu Ölen oder Fetten, die ebenfalls als Korrosionsschutz eingesetzt werden. Ein kurzzeitiges Öffnen, wie beim Zoll, ist jedoch möglich, ohne den Korrosionsschutz zu verlieren. Die Schutzatmosphäre baut sich nach dem Schließen automatisch wieder auf. Die neuen Korus VCI-Papiere und -Folien von Antalis sind nach Gebrauch recyclingfähig. Das Unternehmen hat zudem eine VCI-Papiersorte im Sortiment, die gekreppt werden kann, wodurch sich die Oberfläche maximal vergrößert und noch mehr VCI-Wirkstoffe in die Verpackung gelangen. Die Kreppung macht das Papier außerdem dehnfähig und elastischer, so dass beispielsweise auch scharfe Ecken und Kanten sicher umschlossen werden können.

Kategorie: Fachbericht, News Stichworte: Interpack, Lebensmittel, Pharma, Produktsicherheit, Verpackungen

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