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Pharmaverpackung: Auf die Sicherheit kommt es an

10. Januar 2023 von Birgit Fischer

Der erste Fachartikel zur interpack (04.-10. Mai 2023) dreht sich um Herstellung, Verpackung und Logistik von Pharmaprodukten. Thematisiert werden unter anderem Themen wie Sicherheit, Produktpiraterie, Nachhaltigkeit, Automation und Softwarelösungen.

Pharmaverpackung: Auf die Sicherheit kommt es an | Foto: i_viewfinder stock.adobe.com 200329943
Pharmaverpackung: Auf die Sicherheit kommt es an | Foto: i_viewfinder stock.adobe.com 200329943

Die Nachfrage nach pharmazeutischen Produkten steigt weltweit, immer mehr Medikamente kommen in immer kürzerer Zeit auf den Markt. Allein im letzten Jahr lag der Umsatz auf dem deutschen Pharmamarkt – dem größten in Europa und dem viertgrößten weltweit – bei rund 53,6 Milliarden Euro. Das Volumen hat sich laut Statista in den letzten fünfzehn Jahren mehr als verdoppelt und so wurden zuletzt knapp 100 Milliarden Zähleinheiten, also Tabletten, Portionsbeutel, Injektionen etc. verkauft. Sie alle müssen hygienisch und sicher verpackt werden und dabei strenge gesetzliche Vorschriften erfüllen. Das stellt hohe Anforderungen an Packmittel, Abfüllprozesse und Verpackungsmaschinen.
Spätestens seit der Pandemie ist klar, wie wichtig die schützende Verpackung für Impfstoffe, Medikamente, Desinfektionsmittel und andere medizinische Produkte ist. Am Beispiel der Corona-Impfstoffe haben wir gesehen, dass es mit der Entwicklung eines Vakzins nicht getan ist. Zahlreiche Player entlang der gesamten Lieferkette mussten gut zusammenspielen, damit Millionen Menschen vor dem Virus geschützt werden konnten. Milliarden Glasfläschchen für den Impfstoff waren dazu ebenso nötig wie Spezialkühlboxen für den Transport und besondere Tiefkühlschränke für die Lagerung.

Wenn sich vom 4. bis 10. Mai 2023 die Verpackungswelt in Düsseldorf zur interpack trifft, wird es auch um Innovationen rund um Herstellung, Verpackung und Logistik von Pharmaprodukten gehen, darunter auch neue Lösungen für das Problem der Produktpiraterie. Die Pharmabranche ist wie keine andere von Fälschungen betroffen. Das lukrative Geschäft mit gefälschten Medikamenten, die im günstigen Fall nur weniger Wirkstoff enthalten, aber auch mit unbekannten, gesundheitsschädlichen Substanzen versetzt sein können, hat mit dem wachsenden Onlinehandel nochmal an Fahrt aufgenommen. Die WHO geht davon aus, dass mehr als die Hälfte der Arzneimittel, die online auf illegalen Websites gekauft werden, gefälscht sind. Der geschätzte Marktwert gefälschter Arzneimittel liegt bei rund 75 Milliarden US-Dollar pro Jahr.

Fälschungsschutz durch Sicherheitsmerkmale

Hinzu kommt, dass die globalen Lieferketten immer komplexer werden. Wirkstoffe werden oft in einem Land hergestellt, in einem anderen verarbeitet und verpackt und schließlich über Grenzen hinweg vertrieben und vermarktet. Der europäische Gesetzgeber hat daher bereits vor Jahren mit der EU-Richtlinie 2011/62/EU den Kampf gegen Arzneimittelfälschungen aufgenommen. Die 2019 in Kraft getretene Richtlinie schreibt eine Reihe von Sicherheitsmerkmalen für verschreibungspflichtige Medikamente vor. So muss jede Arzneimittelpackung mit einem Unique Serial Code (USC) in Kombination mit der Artikelnummer (GTIN), der Chargennummer (LOT), dem Verfallsdatum (EXP) und dem Namen des Herstellers versehen sein. Alle Informationen werden in einem 2D-Data-Matrix-Code verschlüsselt, der dann in Klartext mit einer bestimmten Mindestdruckqualität auf die Verpackung gedruckt wird. Zusätzlich zu dem einmaligen Code muss jede Verpackung manipulationssichere Merkmale tragen.

Unternehmen wie interpack-Aussteller Bluhm Systeme entwickeln seit Jahren Codier- und Etikettierlösungen für Arzneimittelverpackungen, die der EU-Richtlinie für fälschungssichere Verpackungen entsprechen. Dazu gehören verschiedene Kennzeichnungslösungen, z. B. Laser- oder Inkjetcodierer, Thermotransferdrucker, Etikettiersysteme und die passende Software. So druckt der für die Arzneimittelcodierung entwickelte Tintenstrahlmarkierer Integra One eindeutige Identifikationscodes, Barcodes oder Datamatrix-Codes auf eine Vielzahl von Pharmaverpackungen.

Der Domino U510 UV-Beschriftungslaser ist dank einer photochemischen Reaktion nicht auf laseraktivierende Pigmente/Additive oder speziell präparierte Codierfelder angewiesen. | Foto: Domino
Der Domino U510 UV-Beschriftungslaser ist dank einer photochemischen Reaktion nicht auf laseraktivierende Pigmente/Additive oder speziell präparierte Codierfelder angewiesen. | Foto: Domino

Auch die UV-Laserbeschriftung ist eine bewährte Kennzeichnungslösung. Domino hat 2022 ein neues UV-Lasersystem vorgestellt, das sich für die Beschriftung von Kunststoffen sowie aktuell gängigen, nachhaltigen Verpackungsmaterialien eignet, darunter auch wiederverwertbare, flexible Monomaterialfolien. Mit dem System lassen sich sowohl weiße als auch farbige Substrate kennzeichnen, ohne dabei die Barriereeigenschaften des Materials zu beeinträchtigen. Dank einer photochemischen Reaktion ist der neue Beschriftungslaser nicht auf laseraktivierende Pigmente bzw. Additive oder speziell präparierte Codierfelder angewiesen.

Etiketten – mehr als nur Aufkleber

Maßnahmen gegen Fälschungen können auch Sicherheitsetiketten mit Erstöffnungsindikation und integrierten offenen, verborgenen und digitalen Fälschungsschutzmerkmalen sein, die einen Manipulationsversuch irreversibel anzeigen. Für Umverpackungen bieten sich Void-Siegel an, die beim ersten Ablösen des Labels sichtbare Effekte hinterlassen. Häufig werden verschiedene Sicherheitsmerkmale kombiniert oder um Zusatzfunktionen ergänzt. Daneben sorgen digitale Etiketten mit NFC-Technologie und Track & Trace-Systeme für eine lückenlose Rückverfolgung eines Arzneimittels.

Etiketten sind ein wichtiger Bestandteil von Pharmaverpackungen und dienen nicht nur dem Fälschungsschutz. Je nach Anwendung auf Primärverpackungen wie Flaschen, Blistern, Spritzen und Vials oder auf Sekundärverpackungen wie Faltschachteln müssen sie unterschiedlichste Anforderungen erfüllen: Sie tragen allgemeine Informationen, garantieren den Erstöffnungsschutz oder können teilweise abgetrennt werden, um sich in Patientenakten oder Impfausweise einkleben zu lassen. Auf Multipage-Etiketten können auch große Informationsmengen untergebracht werden, sie sind oft eine Kombination aus Etikett und Packungsbeilage. Und für Produkte, die gekühlt werden müssen, sind temperaturbeständige Etiketten nötig, die für gute Lesbarkeit während Lagerung und Transport sorgen.

Zunehmend automatisiert

Da Sicherheit bei pharmazeutischen Produkten an erster Stelle steht, sind auch die Anforderungen an Verpackungsmaschinen hoch.

Ein Sechs-Achs-Roboter richtet Kartoninlays auf. | Foto: R.Weiss
Ein Sechs-Achs-Roboter richtet Kartoninlays auf. | Foto: R.Weiss

Maschinenhersteller R.Weiss beispielsweise setzt modulare Pickerlinien ein, in der Delta-Roboter Produkte in Höchstgeschwindigkeit verpacken. Für Siemens Healthineers hat das Unternehmen kürzlich eine intelligente UniRob-Turnkey-Anlage zum Verpacken diagnostischer Produkte entwickelt, die den Prozess der manuellen Bestückung von Faltkartons automatisiert. Dabei werden Multipacks in unterschiedlichen Packungsgrößen jetzt auch in umweltfreundliche Pappe-Inlays gesetzt, die den bisher verwendeten Kunststoff ersetzen. Ein Sechs-Achs-Roboter saugt die Zuschnitte aus dem Magazin an, faltet sie auf und setzt sie in den Mitnehmertransporteur ein, der flexibel und vollautomatisch an die jeweiligen Formate angepasst werden kann.

Multivac hat im Bereich Healthcare ein neues Carrier-System vorgestellt, das für den kontrollierten, produktschonenden Transport von vorbefüllten Glas- oder Kunststoffspritzen zur Verpackungsmaschine sorgt. Die Spritzen werden hierfür in einem vorgelagerten Prozess separiert und orientiert in einem Werkstückträger platziert. An der Verpackungsmaschine übernimmt sie dann ein Roboter aus den Trägern und legt sie einzeln oder auch vorgruppiert in die Packungskavitäten. Die Vollständigkeitsprüfung der Packungen erfolgt durch ein Vision System von Multivac Marking & Inspection. Es kontrolliert auch bei hohem Durchsatz, ob die einzelnen Produkte korrekt in die vorgesehenen Kavitäten eingelegt sind. Sind sie es nicht, wird die entsprechende Packung automatisch ausgeschleust.

Die Abfüllung flüssiger Pharmazeutika erfordert besonderes Know-how. Syntegon hat hierfür die modulare Plattform Versynta FFP (Flexible Filling Platform) entwickelt, eine individuell konfigurierbare Maschine speziell für die aseptische Abfüllung kleiner Chargen. Die neue Abfülllösung erzielt Ausbringungsleistungen von bis zu 3.600 Vials, Spritzen oder Karpulen pro Stunde bei gleichzeitiger 100-prozentiger In-Prozess-Kontrolle. Die Plattform umfasst mehrere Pharma-Handling-Units mit jeweils einem Vier-Achs-Roboter, der die Behältnisse ohne Glas-zu-Glas-Kontakt von einer Station zur nächsten befördert und so den Produktverlust reduziert.

Auch Komplettanbieter Romaco hat eine neue Flüssigkeitsabfülllinie entwickelt. Macofar E ist eine Lösung zur aseptischen Abfüllung von Injektionsflüssigkeiten in Fläschchen. Die Technologie erfüllt alle Anforderungen des EU-GMP-Leitfadens zur Herstellung steriler Arzneimittel. Romaco setzt außerdem auf eine nachhaltigere Produktion und die Reduzierung von CO2-Emissionen: Durch innovative Prozessführung lassen sich beispielsweise die Produktionszeiten entscheidend verkürzen und dadurch gezielt Energie und Material einsparen. Darüber hinaus sind alle Maschinen des Herstellers in klimaneutraler Ausführung erhältlich und mit Energiemonitoren für das Nachhaltigkeitsreporting ausgestattet.

Benutzerfreundliche Software

Mehr Sicherheit versprechen auch Softwarelösungen, die Daten entlang der pharmazeutischen Lieferkette sammeln.

Mit der Softwareplattform Pexcite können Anwender Informationen aus allen Bereichen des Produktions- und Verpackungsprozesses erheben, sammeln, darstellen und analysieren. | Foto: Uhlmann Pac-Systeme
Mit der Softwareplattform Pexcite können Anwender Informationen aus allen Bereichen des Produktions- und Verpackungsprozesses erheben, sammeln, darstellen und analysieren. | Foto: Uhlmann Pac-Systeme

Mit der Softwareplattform Pexcite von Uhlmann Pac-Systeme können Anwenderinnen und Anwender Informationen aus allen Bereichen des Produktions- und Verpackungsprozesses erheben, sammeln, darstellen und analysieren und damit je nach Bedarf unterschiedliche Aufgaben realisieren: Umsetzung von Track & Trace-Vorgaben entlang der gesamten Prozesskette, Monitoring der Produktivität von Maschinen und Prozessen, digitales Tool-Management oder eine zentralisierte Kontrolle und Management der gesamten Produktionsprozesse. Die Plattform kann über alle genutzten digitalen Endgeräte wie Desktop-Geräte, Tablets und Smartphones verwendet werden. „Visuell ansprechende Gestaltung, der leichte, freundliche Look and Feel bedeutet vor allem Komplexitätsreduktion für die User, die Pexcite verwenden. Die Leute müssen gern mit unserem Produkt arbeiten und keine Angst davor haben, irgendwas falsch oder kaputt zu machen“, sagt Thomas Kreutle, Director Development & Operations Digital Solutions bei Uhlmann Pac-Systeme. Dafür wurde die Softwareplattform mit einem Red Dot Award 2022 ausgezeichnet.

Nachhaltige Pharmaverpackungen

Die Pharmaindustrie ist noch immer zurückhaltend, wenn es um den Einsatz von recycelbaren, kreislauffähigen Materialien geht. Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten allerdings heute auch von dieser Branche mehr Engagement in Sachen Nachhaltigkeit. Die Hersteller von Pharmaverpackungen sind schon einen Schritt weiter und haben bereits zahlreiche kreislauffähige Lösungen für die Primär- und Sekundärverpackung von Medikamenten entwickelt. So sorgte im letzten Jahr die Vorstellung eines recycelbaren Papierblisters für Furore und eine recyclingfähige Monomaterial-Barriere-Tube in Pharmaqualität wurde mit einem Verpackungspreis ausgezeichnet. Kürzlich kam eine Schlauchfolie aus dem biobasierten Polymer PLA auf den Markt, die industriell kompostierbar ist und für diagnostische Flow-Pack-Anwendungen als Sterilbarrieresystem eingesetzt werden kann.

Im Bereich der Primärverpackungen, also dort, wo Medikamente direkt eingepackt werden, wird es wohl noch dauern, bis sich recycelbare Monomaterialien durchsetzen. Dagegen sehen Fachleute bei den Sekundärverpackungen bereits einen Trend zu kreislauffähigen Lösungen. Die Körber Pharma GmbH hat beispielsweise eine Sekundärverpackung aus Graspapier als Alternative zu Verpackungen aus recyceltem Papier und Karton entwickelt und wurde dafür mit dem Pharmapack Sustainability Initiative Award 2022 ausgezeichnet. Bei der Herstellung von Graspapier wird die Hälfte der Zellulose durch Grasfasern ersetzt und dabei deutlich weniger Wasser und Energie benötigt. Durch die nahezu unbegrenzte regionale Verfügbarkeit von Gras verkürzen sich Transportwege, wodurch beinahe 95 Prozent der CO2-Emissionen eingespart werden können. Körber Pharma hat bereits mit mehreren Pharmaunternehmen Test- und Entwicklungsprojekte für sichere Sekundärverpackungen aus Graskarton durchgeführt, die belegen, dass die Kosten für das neue Verpackungsmaterial denen von herkömmlichem Karton entsprechen, während das Material denselben hohen Produktschutz bietet.

Auf der interpack in Düsseldorf wird sich zeigen, welche weiteren modernen Lösungen die Branche bereit hält. Vom 4. bis 10. Mai 2023 kann das Fachpublikum vor allem in den Hallen 15 bis 17 innovative Verpackungs- und Prozessentwicklungen für die Pharma-Industrie kennenlernen.

Kategorie: Fachbericht, News Stichworte: Interpack, Pharmaverpackung

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