• Skip to main content
  • Skip to secondary menu
  • Skip to primary sidebar

Lebensmittel- & Biotechnologie

Das Fachportal für Lebensmittelindustrie und Biotechnologie

  • Abonnement
  • Impressum
  • Welkin Media Verlag
Startseite » Wie heiß darf es sein für das Leben im Ozeanboden?

Wie heiß darf es sein für das Leben im Ozeanboden?

15. Dezember 2020 von Helmut Mitteregger

Mikroben besiedeln den Meeresgrund bis in mehrere Kilometer Tiefe. Das ist erst seit rund 30 Jahren bekannt. Dort gilt: Je tiefer desto wärmer. Und so stellt sich die Frage nach dem Temperaturlimit, bei dem Leben noch möglich ist. Dies hat ein großes internationales Forschungsteam untersucht, unter Leitung des MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen und der Japan Agency for Marine-Earth Science and Technology (JAMSTEC) – mit Beteiligung von Jens Kallmeyer vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ. Die Bohrungsexpedition vor Japan zeigte: Auch in 120 Grad Celsius heißen Zonen finden sich noch aktive Bakterien. Die Studie ist im Fachmagazin Science erschienen.

Mikroorganismen in marinen Sedimenten sind ein wesentlicher Teil der irdischen Biomasse. Dabei ist etwa die Hälfte des Sediment-Volumens am Meeresgrund wärmer als 40 Grad Celsius. Von einigen besonders wärmeliebenden Mikroorganismen ist bekannt, dass sie bei bis zu 80 Grad Celsius existieren können. Noch höhere Temperaturen ertragen zum Beispiel Archaeen – im Labor hat man kurzzeitig sogar 122 Grad Celsius gemessen. Doch wie wirkt sich eine derartige Hitze langfristig auf solche Lebewesen aus? Um das zu erforschen, braucht es Zugang zu ihren Lebensräumen. Und der ist der Wissenschaft nur mit dem Tiefsee-Bohrschiff Chikyu möglich. Im Nankai-Graben vor Japan gibt es für solche Bohrungen besonders günstige Bedingungen: Dort erreicht man 120 Grad heiße Habitate nicht erst 4000 Meter unter dem Meeresboden, sondern bereits bei 1.180 Metern, bei allerdings 4.800 Meter Wassertiefe. Die Expedition fand im Jahr 2016 im Rahmen des internationalen Bohrprogramms IODP (International Ocean Drilling Program) statt.

Erstaunliche Ergebnisse

Die wesentlichen Befunde: Zum Erstaunen der Forschenden brach die Konzentration von vegetativen Zellen, also Mikroorganismen, die aktiv Stoffwechsel betreiben, bereits oberhalb von 45 Grad Celsius um zwei Größenordnungen ein, auf weniger als 100 Zellen pro Kubikzentimeter. In Sedimenten mit Temperaturen zwischen 75 und 95 Grad Celsius stieg die Zahl an Endosporen rapide an, auf rund 120.000 pro Kubikzentimeter. Endosporen sind Zellen bestimmter Bakterienarten, die zum Überleben unter unvorteilhaften Bedingungen in einen Ruhe-Modus schalten.
Auch bei 120 Grad Celsius gab es noch lebendige Zellen, die metabolisch aktiv waren. Sie setzen Acetat, einen gängigen Bakteriennährstoff, zu Methan um, allerdings nur mit einer extrem niedrigen Rate. Diese sehr schwachen Lebenszeichen konnten nur mit ausgeklügelten, sehr empfindlichen Methoden detektiert werden.
Untersuchungen oberhalb von 120 Grad Celsius waren aufgrund der geologischen Bedingungen vor Ort nicht möglich, weil die Sedimentschicht nicht tiefer reichte.
„Besonders überrascht waren wir von der Tatsache, dass sich oberhalb von 45 Grad Celsius besiedelte Zonen mit solchen abwechseln, in denen gar kein Leben nachweisbar war. Möglicherweise sind sie nicht ganz tot, enthalten aber auf jeden Fall weniger als 16 Zellen pro Kubikzentimeter. Diese Schichten konnten an die 200 Meter dick sein. Darunter, in größerer Tiefe und bei höheren Temperaturen konnten wir dann wieder Mikroorganismen finden“, sagt Jens Kallmeyer vom GFZ. Als Ursache für diese vergleichsweise leblosen Zonen vermuten die Forschenden, dass hier im Laufe der Sedimententwicklung kurzzeitig auftretende extrem hohe Temperaturen alles Leben ausgelöscht haben.

Ausgefeilte Analysen

Jens Kallmeyer leitet in der GFZ-Sektion Geomikrobiologie das Labor für aquatische Geochemie und das Radioisotopenlabor. Er hat die Expedition nicht an Bord begleitet, sondern gehörte zu dem großen internationalen Team, das mit seiner jeweiligen Expertise die vielen hochspezialisierten Experimente zur Analyse der gewonnenen Bohrproben geplant, durchgeführt und die Daten ausgewertet hat. Sie detektieren und zählen die Mikroben und beobachten ihre biologischen oder chemischen Aktivitäten.
Kallmeyers Spezialität ist die Detektion von mikrobieller Aktivität mithilfe radioaktiver Marker. Selbst die sensitivsten molekularbiologischen Methoden sind hierfür bislang ungeeignet, weil die Anzahl an Mikroben viel zu gering ist. Stattdessen füttert man sie mit radioaktiv markierten Substanzen, die sich dann auch im Stoffwechselprodukt nachweisen lassen müssten. Auf diese Weise konnten Kolleg*innen zum Beispiel nachweisen, dass Methan biologisch produziert und nicht auf anderem Wege produziert wird.
„Innerhalb der letzten 20 Jahre konnten viele Nachweisverfahren deutlich verbessert werden, teils sind sie nun hundertausendmal empfindlicher“, betonte Co-Expeditionsleiter Yuki Morono von JAMSTEC.

Großes Gemeinschaftsprojekt

„Die Ergebnisse unserer Expedition sind überraschend. Sie zeigen, dass am unteren Rand der Biosphäre tödliche Grenzen und Überlebenschancen dicht beieinander liegen. Das hatten wir so nicht erwartet“, sagt Co-Expeditionsleiterin Dr. Verena Heuer vom MARUM, „und dieser Erkenntnisgewinn wäre ohne das starke interdisziplinäre Team und seine engagierte Zusammenarbeit nicht möglich gewesen.“ An der aktuellen Publikation haben 43 Autorinnen und Autoren aus 29 Instituten zusammengearbeitet, insgesamt waren Menschen aus neun Nationen beteiligt. (Quelle: Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ)

Originalpublikation:
Verena B. Heuer, Fumio Inagaki, Yuki Morono, Y. Kubo, A. J. Spivack, B. Viehweger, T. Treude, F. Beulig, F. Schubotz, S. Tonai, S. A. Bowden, M. Cramm, S. Henkel, T. Hirose, K. Homola, T. Hoshino, A. Ijiri, H. Imachi, N. Kamiya, M. Kaneko, L. Lagostina, H. Manners, H. McClelland, K. Metcalfe, N. Okutsu, D. Pan, M. J. Raudsepp, J. Sauvage, M. Tsang, D. T. Wang, E. Whitaker, Y. Yamamoto, K. Yang, L. Maeda, R. R. Adhikari, C. Glombitza, Y. Hamada, J. Kallmeyer, J. Wendt, L. Wörmer, Y. Yamada, M. Kinoshita, K.-U. Hinrichs:
„Temperature limits to deep subseafloor life in the Nankai Trough subduction zone“. Science 2020.
DOI: 10.1126/science.abd7934

Das wissenschaftliche Tiefsee-Bohrschiff Chikyu. | Foto: JAMSTEC

Filed Under: Forschung, News Tagged With: Biomasse, habitable Temperaturzonen, Meeresgrund, Mikroorganismen

Weitere Nachrichten

Gase-Workshop für die Foodbranche

Messer bietet unter dem Motto „Nutrition 2.0 – Feed your food knowledge“ vom 21.-22.06.2023 in Krefeld Gase-Workshops für die Foodbranche an. Sie umfassen neben der Theorie in Form detaillierter Übersichtspräsentationen vor allem praktische Übungen … [Weiterlesen...] about Gase-Workshop für die Foodbranche

NIR 2023 – Internationale Konferenz für Nahinfrarotspektroskopie

Die NIR 2023 - Internationale Konferenz für Nahinfrarotspektroskopie - findet vom 20.- 24. August 2023 erstmals im Congress Innsbruck statt. Das Programm umfasst die Grundlagen der Spektroskopie, methodische und technologische Fortschritte sowie die … [Weiterlesen...] about NIR 2023 – Internationale Konferenz für Nahinfrarotspektroskopie

Busch Austria baut Vakuum-Kompetenzzentrum

Das Spezialunternehmen für Vakuumpumpen, Gebläse und Kompressoren Busch Austria baut in Korneuburg ein Vakuum-Kompetenzzentrum. Busch und die Pfeiffer Vacuum Austria GmbH werden dort künftig gemeinsam Vakuumlösungen für österreichische Kunden … [Weiterlesen...] about Busch Austria baut Vakuum-Kompetenzzentrum

Magnetotaktische Bakterien reinigen kontaminiertes Wasser

Am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) ist es gelungen, uranhaltiges Wasser mittels magnetotaktischer Bakterien zu reinigen. Diese Bakterien binden Uran in der Zellwand und können aufgrund ihrer magnetischen Eigenschaften mittels Magneten … [Weiterlesen...] about Magnetotaktische Bakterien reinigen kontaminiertes Wasser

Primary Sidebar

Aktuelle Ausgabe

Welkin Media News

Aktuelle Nachrichten aus unseren anderen Online-Portalen Österreichische Chemie Zeitschrift und Österreichische Kunststoffzeitschrift.

  • Schnelle Verarbeitungsstabilisierung von Kunststoffen
    on 6. Juni 2023 by Birgit Fischer (Österreichische Kunststoffzeitschrift)

    Das Fraunhofer LBF sieht in der Online-Rheologie eine vielversprechende Mehtode für die schnelle Verarbeitungsstabilisierung von Kunststoffen. Mittels eines entsprechenden KI-gestützten Systems bietet sie Potenzial für eine chargenangepasste […]

  • Donauchem eröffnet modernstes Chemikalienlager Österreichs
    on 6. Juni 2023 by Birgit Fischer (Die Chemie Zeitschrift Österreichs)

    Die Donauchem GmbH hat nach knapp einem Jahr Bauzeit ihr neues Verwaltungs- und Distributionszentrum am Standort Brückl in Kärnten eröffnet. Aus dem Donauchem Kompetenzzentrum für Elektrolyseprodukte in Brückl werden die Märkte in […]

  • Mechanokatalyse: von der Forschung in die Anwendung
    on 1. Juni 2023 by Birgit Fischer (Die Chemie Zeitschrift Österreichs)

    Ein Team der Ruhr-Universität Bochum möchte die nachhaltige, direkte Mechanokatalyse für die chemische Industrie marktfähig machen. Bei dem Synthesekonzept laufen mechanisch getriebene Reaktionen lösungsmittelfrei ab, es werden keine […]

  • ARC 2023 – Call for Abstracts
    on 1. Juni 2023 by Birgit Fischer (Österreichische Kunststoffzeitschrift)

    Bis zum 30.08.2023 können Beiträge für die Advanced Recycling Conference ARC (28. und 29.11.2023, Köln und online) eingereicht werden. Die Veranstaltung stellt die Vielfalt fortschrittlicher Recyclinglösungen vor und bringt Akteure entlang der […]

  • VERTEX für PP- und PET FDY-Garne
    on 31. Mai 2023 by Birgit Fischer (Österreichische Kunststoffzeitschrift)

    Mit der neuen Austrofil® VERTEX-Serie präsentiert SML ein völlig neues Anlagenkonzept, das auch für die Verarbeitung von PET geeignet ist. Die Hauptmerkmale von VERTEX sind höhere Anlagengeschwindigkeiten, eine gesteigerte Produktionskapazität […]

  • Additin Scopeblue – der nachhaltige Schwefelträger
    on 30. Mai 2023 by Birgit Fischer (Die Chemie Zeitschrift Österreichs)

    LANXESS erweitert sein Additin Portfolio um einen nachhaltig produzierten, hellen Schwefelträger für Schmierstoffe in der Metallbearbeitung. Aufgrund ihres vorteilhaften ökotoxikologischen Profils ersetzen helle Schwefelträger zunehmend andere […]

  • Matthias Zachert bleibt CEO von LANXESS
    on 26. Mai 2023 by Birgit Fischer (Die Chemie Zeitschrift Österreichs)

    Matthias Zachert hat LANXESS in den letzten Jahren zu einem Spezialchemie-Unternehmen umgebaut - ab 2024 bleibt er weitere fünf Jahre CEO. Der Aufsichtsrat der LANXESS AG ist davon überzeugt, dass Matthias Zachert den Konzern auch in den kommenden […]

  • Semperit übernimmt RICO Group
    on 25. Mai 2023 by Birgit Fischer (Österreichische Kunststoffzeitschrift)

    Semperit übernimmt mit der Rico Group einen Anbieter von Silikonspritzguss-Werkzeugen und Produzenten von Liquid Silicone-Komponenten. Semperit setzt weiterhin auf den von Rico bereits eingeschlagenen Expansionskurs und führt daher den Bau der […]

  • Elementaranalyse
    on 24. Mai 2023 by Lexikon (Die Chemie Zeitschrift Österreichs)

    Die Elementaranalyse befasst sich mit der Bestimmung der in organischen und anorganischen Verbindungen enthaltenen Elemente. Als Teilbereich der Analytischen Chemie ermöglicht sie es, die elementare Zusammensetzung von Substanzen zu bestimmen. Der […]

  • ICP-MS
    on 24. Mai 2023 by Lexikon (Die Chemie Zeitschrift Österreichs)

    Die ICP-MS (inductively coupled plasma mass spectrometry) ist eine hochrobuste, äußerst empfindliche Methode zur Analyse anorganischer Elemente. Die Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma wird vor allem für die Untersuchung von […]

Copyright © 2023 · Welkin Media Verlag