• Skip to main content
  • Skip to secondary menu
  • Skip to primary sidebar

Lebensmittel- & Biotechnologie

Das Fachportal für Lebensmittelindustrie und Biotechnologie

  • Abonnement
  • Impressum
  • Welkin Media Verlag
Startseite » Mit neuen Verfahren zu bakterienfreien Werkstoffen und keimfreien Lebensmitteln

Mit neuen Verfahren zu bakterienfreien Werkstoffen und keimfreien Lebensmitteln

10. Juni 2020 von Helmut Mitteregger

Das Fraunhofer UMSICHT hat neue Wege entwickelt, das Wachstum von Bakterien auf Oberflächen zu reduzieren: Hierzu werden entweder antimikrobielle Wirkstoffe in oberflächennahe Schichten von Polymeren imprägniert, oder die Entstehung eines Biofilms wird durch die Unterbindung der Kommunikation zwischen den Bakterien verhindert. Die Verfahren werden kontinuierlich weiterentwickelt und in der Anwendung getestet – für den Consumerbereich, die Medizintechnik, für technische Applikationen und die Lebensmittelbranche.

Das Fraunhofer UMSICHT (Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik) forscht seit zehn Jahren an der antibakteriellen Imprägnierung von Werkstoffen, insbesondere Kunststoffen. Durch Kooperationen mit der Industrie entstand ein breites Know-how, das die Forschenden nun in neuen Anwendungsbereichen testen und zu vielversprechenden Lösungen kommen. Ziel ist es unter anderem, umweltfreundliche Alternativen zu antibakteriell wirkenden, aber toxischen Wirkstoffen oder zu sehr kostenintensiven Werkstoffen wie Kupfer zu entwickeln. Vorteilhaft beim Imprägnierverfahren ist, dass nur geringste Mengen des antimikrobiellen Wirkstoffs eingebracht werden müssen und auch eine nachträgliche Ausstattung des fertigen Bauteils möglich ist. Ein weiteres Verfahren adressiert Oberflächen, auf denen sich Biofilme bilden können; hierzu zählen z. B. medizinische Geräte oder Wasserrohre. Hier kann die Kommunikation zwischen den Bakterien gezielt gestört werden, was die Bildung der Biofilme wirksam verhindert.

Kunststoffe mittels Hochdrucktechnik imprägnieren
Prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten, um Kunststoffe mit speziellen Funktionen zu versehen: Entweder werden die gewünschten Additive durch Compoundierung in das Produkt eingebracht, oder die Wirkstoffe gelangen mittels nachträglicher Beschichtung der Oberfläche auf das Produkt. Die nachträgliche Beschichtung ermöglicht es, dass sich z. B. eine antibakterielle Wirkung genau dort entfaltet, wo sie wirken soll: an der Oberfläche. Das Fraunhofer UMSICHT entwickelte dazu ein Verfahren, dass polymere Oberflächen mithilfe von überkritischem Kohlendioxid imprägniert. Überkritisches Kohlendioxid ist zur Imprägnierung ideal, da es einerseits ähnlich leicht wie Gas in eine Oberfläche eindringen kann und gleichzeitig die Dichte einer Flüssigkeit aufweist. Zudem ist Kohlendioxid weder brennbar, noch toxisch, gut verfügbar und kostengünstig.

Bakterien innerhalb einer Stunde entfernt
Für Anwendungen im Consumer-Bereich wie z. B. für Lichtschalter werden während der Imprägnierung mit überkritischem Kohlendioxid nano- und mikroskalige Silberpartikel eingebracht. Hierdurch wird die Vermehrung von Bakterien gestoppt. Das überkritische Kohlendioxid öffnet die polymere Struktur und ermöglicht den Stofftransport an die Oberfläche. „Tests zeigten, dass bereits nach einer Stunde alle Bakterien von der Oberfläche eines zuvor mikrobakteriell kontaminierten Lichtschalters entfernt worden sind“, erklärt Nils Mölders, Abteilungsleiter Produktentwicklung am Fraunhofer UMSICHT. So genannte Auslaugtests waren ebenso positiv, da die Silberpartikel sich gemäß gängiger Normen (DIN-EN 71-3) nicht auswaschen.1

Kommunikation zwischen den Bakterien stören
Für sensible Anwendungsbereiche wie die Medizintechnik oder Trinkwasser-Installationen setzen die Fraunhofer-Forschenden auf »Quorum Quenching-Naturstoffe«, um Nanopartikel und Silbersalze zu vermeiden. Hierbei geht es nicht darum, bereits entstandene Bakterien abzutöten, sondern die Kommunikation zwischen den Bakterien im Voraus so zu verhindern, dass sich erst gar kein Bakterien-Biofilm bildet. „Wir verwenden verschiedene Naturstoffe, die die Eigenschaft besitzen, die Rezeptoren der Bakterien zu belegen und dadurch die Kommunikation zu verhindern und somit ihre schädliche Wirkung“, erklärt Karen Fuchs vom Fraunhofer UMSICHT. Die Stoffe sind umweltverträglich und nicht gefährlich für Mensch oder Tier. Daher eignen sie sich auch für den Schiffsbau, wo derzeit noch biozide Lacke gegen das Antifouling zum Einsatz kommen. Die Naturstoffe werden zur Immobilisierung mikroverkapselt oder mithilfe der Hochdruckimprägnierung in die gewünschten Materialoberflächen eingebracht, beispielsweise in Lackformulierungen oder Trinkwasserrohre. Erste erfolgreiche Tests sind im Labormaßstab beim Fraunhofer UMSICHT durchgeführt worden, Feldversuche für Bootslacke sind in der Vorbereitung. Die Identifizierung und Validierung der Quorum-Quenching-aktiven Substanzen wird in Zusammenarbeit mit der Goethe-Universität Frankfurt, der Gutenberg-Universität Mainz und den Industriepartnern Brill & Partner sowie KEBOS durchgeführt.

Karen Fuchs im Hochdrucktechnikum bei Vorversuchen an einer
60 mL-Hochdrucksichtzelle zur Imprägnierung von Mandeln.
Fotos: Fraunhofer UMSICHT

Gegen pathogene Keime auf Lebensmitteln
Einige Lebensmittel sind anfällig für Keime, sodass sich im Verarbeitungsprozess auf ihnen schädliche Mikroorganismen wie z. B. Salmonellen ansiedeln können. In den vergangenen Jahren waren insbesondere Lebensmittel mit geringer Wasseraktivität vermehrt von Rückrufen aufgrund einer Kontamination betroffen. Zu diesen Nahrungsmitteln gehören Mandeln, Erdnüsse, Nusspasteten, Trockenfrüchte und -gemüse, Trockenfleisch, Milchprodukte (z. B. Milchpulver) sowie getrocknete Tees, Kräuter und Gewürze. Für die Lebensmittelindustrie ergibt sich aus dieser globalen Entwicklung der dringende Bedarf an Dekontaminationstechnologien, die international einsetzbar sind und neben der Lebensmittelsicherheit eine hohe Lebensmittelqualität garantieren. Das Fraunhofer UMSICHT entwickelt zusammen mit Partnern der Universität in Alberta (Kanada) ein Verfahren, um pathogene Mikroorganismen auf Lebensmitteln durch den Einsatz von komprimiertem Kohlendioxid abzutöten.

Antimikrobielle Wirkstoffe aus der Natur
Den Forschenden ist es bereits gelungen, mithilfe von antimikrobiellen Ölen und unter Einsatz von überkritischem Kohlendioxid Mandeln im Labormaßstab zu dekontaminieren. Gleichzeitig sind die Mandeln durch die Imprägnierung keimresistent und ihre Qualität ist nicht beeinträchtigt. „Die verwendeten Öle sind ausschließlich pflanzliche Extrakte und CO2 extrahiert, sodass sich das Öl beim Imprägnierprozess wieder in das komprimierte CO2 einlöst und in die zu imprägnierende Oberfläche eindringt und seine Wirkung erzielt“, erklärt Karen Fuchs. Die Verwendung von CO2 hat den weiteren Vorteil, dass es rückstandsfrei von den Mandeln abgetrennt und nach dem Prozess recycelt werden kann. Nächstes Ziel ist es, das Verfahren auf andere Lebensmittel zu übertragen.
Übrigens: Fraunhofer UMSICHT sucht Kooperationspartner, um die Verfahren weiterzuentwickeln und neue Anwendungsbereiche zu testen.
www.umsicht.fraunhofer.de

1 Mölders, Nils; Renner, Manfred; Errenst, Cornelia; Weidner, Eckhard (2018); Incorporation of antibacterial active additives inside polycarbonate surfaces by using compressed carbon dioxide as transport aid; in: The Journal of Supercritical Fluids; Volume 132, February 2018, Pages 83-90

Für sensible Anwendungen wie Trinkwasserrohre setzen die Fraunhofer-Forschenden auf Imprägnierung mit Naturstoffen, die die Entstehung eines Bakterien-Biofilms verhindern.

Filed Under: Forschung, News Tagged With: antimikrobielle Wirkstoffe, Fraunhofer UMSICHT, Werkstoff-Forschung

Weitere Nachrichten

Rasterkraftmikroskop ohne aufwändige Datenverarbeitungstechnologie

Die an der TU Wien entwickelte Messtechnik zeigt, dass Rasterkraftmikroskope ohne aufwändige Datenverarbeitungstechnologie auskommen. Eine im Sensorelement eingebaute maßgeschneiderte elektronische Schaltung liefert auf direkte, unkomplizierte Weise … [Weiterlesen...] about Rasterkraftmikroskop ohne aufwändige Datenverarbeitungstechnologie

Gase-Workshop für die Foodbranche

Messer bietet unter dem Motto „Nutrition 2.0 – Feed your food knowledge“ vom 21.-22.06.2023 in Krefeld Gase-Workshops für die Foodbranche an. Sie umfassen neben der Theorie in Form detaillierter Übersichtspräsentationen vor allem praktische Übungen … [Weiterlesen...] about Gase-Workshop für die Foodbranche

NIR 2023 – Internationale Konferenz für Nahinfrarotspektroskopie

Die NIR 2023 - Internationale Konferenz für Nahinfrarotspektroskopie - findet vom 20.- 24. August 2023 erstmals im Congress Innsbruck statt. Das Programm umfasst die Grundlagen der Spektroskopie, methodische und technologische Fortschritte sowie die … [Weiterlesen...] about NIR 2023 – Internationale Konferenz für Nahinfrarotspektroskopie

Busch Austria baut Vakuum-Kompetenzzentrum

Das Spezialunternehmen für Vakuumpumpen, Gebläse und Kompressoren Busch Austria baut in Korneuburg ein Vakuum-Kompetenzzentrum. Busch und die Pfeiffer Vacuum Austria GmbH werden dort künftig gemeinsam Vakuumlösungen für österreichische Kunden … [Weiterlesen...] about Busch Austria baut Vakuum-Kompetenzzentrum

Primary Sidebar

Aktuelle Ausgabe

Welkin Media News

Aktuelle Nachrichten aus unseren anderen Online-Portalen Österreichische Chemie Zeitschrift und Österreichische Kunststoffzeitschrift.

  • Schnelle Verarbeitungsstabilisierung von Kunststoffen
    on 6. Juni 2023 by Birgit Fischer (Österreichische Kunststoffzeitschrift)

    Das Fraunhofer LBF sieht in der Online-Rheologie eine vielversprechende Mehtode für die schnelle Verarbeitungsstabilisierung von Kunststoffen. Mittels eines entsprechenden KI-gestützten Systems bietet sie Potenzial für eine chargenangepasste […]

  • Donauchem eröffnet modernstes Chemikalienlager Österreichs
    on 6. Juni 2023 by Birgit Fischer (Die Chemie Zeitschrift Österreichs)

    Die Donauchem GmbH hat nach knapp einem Jahr Bauzeit ihr neues Verwaltungs- und Distributionszentrum am Standort Brückl in Kärnten eröffnet. Aus dem Donauchem Kompetenzzentrum für Elektrolyseprodukte in Brückl werden die Märkte in […]

  • Mechanokatalyse: von der Forschung in die Anwendung
    on 1. Juni 2023 by Birgit Fischer (Die Chemie Zeitschrift Österreichs)

    Ein Team der Ruhr-Universität Bochum möchte die nachhaltige, direkte Mechanokatalyse für die chemische Industrie marktfähig machen. Bei dem Synthesekonzept laufen mechanisch getriebene Reaktionen lösungsmittelfrei ab, es werden keine […]

  • ARC 2023 – Call for Abstracts
    on 1. Juni 2023 by Birgit Fischer (Österreichische Kunststoffzeitschrift)

    Bis zum 30.08.2023 können Beiträge für die Advanced Recycling Conference ARC (28. und 29.11.2023, Köln und online) eingereicht werden. Die Veranstaltung stellt die Vielfalt fortschrittlicher Recyclinglösungen vor und bringt Akteure entlang der […]

  • VERTEX für PP- und PET FDY-Garne
    on 31. Mai 2023 by Birgit Fischer (Österreichische Kunststoffzeitschrift)

    Mit der neuen Austrofil® VERTEX-Serie präsentiert SML ein völlig neues Anlagenkonzept, das auch für die Verarbeitung von PET geeignet ist. Die Hauptmerkmale von VERTEX sind höhere Anlagengeschwindigkeiten, eine gesteigerte Produktionskapazität […]

  • Additin Scopeblue – der nachhaltige Schwefelträger
    on 30. Mai 2023 by Birgit Fischer (Die Chemie Zeitschrift Österreichs)

    LANXESS erweitert sein Additin Portfolio um einen nachhaltig produzierten, hellen Schwefelträger für Schmierstoffe in der Metallbearbeitung. Aufgrund ihres vorteilhaften ökotoxikologischen Profils ersetzen helle Schwefelträger zunehmend andere […]

  • Matthias Zachert bleibt CEO von LANXESS
    on 26. Mai 2023 by Birgit Fischer (Die Chemie Zeitschrift Österreichs)

    Matthias Zachert hat LANXESS in den letzten Jahren zu einem Spezialchemie-Unternehmen umgebaut - ab 2024 bleibt er weitere fünf Jahre CEO. Der Aufsichtsrat der LANXESS AG ist davon überzeugt, dass Matthias Zachert den Konzern auch in den kommenden […]

  • Semperit übernimmt RICO Group
    on 25. Mai 2023 by Birgit Fischer (Österreichische Kunststoffzeitschrift)

    Semperit übernimmt mit der Rico Group einen Anbieter von Silikonspritzguss-Werkzeugen und Produzenten von Liquid Silicone-Komponenten. Semperit setzt weiterhin auf den von Rico bereits eingeschlagenen Expansionskurs und führt daher den Bau der […]

  • Elementaranalyse
    on 24. Mai 2023 by Lexikon (Die Chemie Zeitschrift Österreichs)

    Die Elementaranalyse befasst sich mit der Bestimmung der in organischen und anorganischen Verbindungen enthaltenen Elemente. Als Teilbereich der Analytischen Chemie ermöglicht sie es, die elementare Zusammensetzung von Substanzen zu bestimmen. Der […]

  • ICP-MS
    on 24. Mai 2023 by Lexikon (Die Chemie Zeitschrift Österreichs)

    Die ICP-MS (inductively coupled plasma mass spectrometry) ist eine hochrobuste, äußerst empfindliche Methode zur Analyse anorganischer Elemente. Die Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma wird vor allem für die Untersuchung von […]

Copyright © 2023 · Welkin Media Verlag