Zweidimensionales Graphen besteht aus einer einzelnen Schicht von Kohlenstoffatomen. Als „Wundermaterial“ unter anderem für optoelektronische Systeme der Zukunft gehandelt, bedarf es jedoch des Einbringens gezielter Verbindungen. Erstmals hat man nun die Funktionskontrolle über den spektralen Fingerabdruck erlangt.
Forschern der FAU (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg), der Universität Wien, der Freien Universität Berlin sowie der Universität Yachay Tech in Ecuador ist es nun erstmals gelungen, den spektralen Fingerabdruck bestimmter Graphen Verbindungen experimentell und theoretisch präzise zu verifizieren.
Graphen gilt als eines der vielversprechendsten neuen Materialien. Das systematische Einbringen von chemisch gebundenen Atomen und Molekülen zur Kontrolle seiner Eigenschaften ist jedoch nach wie vor eine große Herausforderung. Die Kooperation der beteiligten Universitäten bzw. der Wissenschaftler-Teams hat genau dieses nun erstmals ermöglicht. Ihre Ergebnisse haben sie in der aktuellen Ausgabe des renommierten Fachmagazins „Nature Communications“ veröffentlicht. Zweidimensionales Graphen leitet besonders gut Elektrizität sowie Wärme, ist durchsichtig und dabei gleichzeitig biegsam und fest.
Außerdem lässt sich zum Beispiel durch das Einbringen von chemisch gebundenen Atomen und Molekülen in die Graphenstruktur – so genannte Funktionszentren – die elektrische Leitfähigkeit zwischen einem Metall und einem Halbleiter kontinuierlich verändern. Durch diese besonderen Eigenschaften bietet Graphen eine Vielzahl an künftigen Anwendungsmöglichkeiten, wie beispielsweise in der Optoelektronik oder für ultraschnelle Bauelemente in der Halbleiterindustrie. Der Einsatz von Graphen in der Halbleiterindustrie kann nur gelingen, wenn Eigenschaften wie Leitfähigkeit, Größe und Störung der Struktur durch die Funktionszentren bereits während der Synthese von Graphen festgelegt werden können.
Erfolg auf breiter Ebene
In einer internationalen Kooperation um Prof. Dr. Andreas Hirsch, Lehrstuhl für Organische Chemie II, Prof. Dr. Thomas Pichler, Universität Wien, Prof. Dr. Stephanie Reich, Freie Universität Berlin, und Prof. Dr. Julio Chacon-Torres, Yachay Tech University, ist es den Forschern mit einem neu entwickelten Versuchsaufbau ein entscheidender Durchbruch gelungen: Über Lichtstreuung haben sie erstmals Schwingungsspektren als spezifischen Fingerabdruck von stufenweise chemisch modifiziertem Graphen identifiziert. Diese so gewonnene und theoretisch bestätigte spektrale Signatur ermöglicht es zukünftig, sowohl die Art als auch die Anzahl der Funktionszentren schnell und präzise zu bestimmen. Unter den verwendeten Reaktionen wurde zum Beispiel Wasserstoff an Graphen chemisch gebunden. Dies erfolgte über eine kontrollierte chemische Reaktion von Verbindungen, in denen Ionen in den Kohlenstoff Graphit eingelagert sind, mit Wasser.
„Diese Methode der in situ Ramanspektroskopie ist eine sehr effektive Möglichkeit, mit der schon während der Materialherstellung schnell, kontaktfrei und großflächig die Funktion von Graphen kontrolliert werden kann“, sagt Julio Chacon, einer der zwei Hauptautoren der Studie. Dadurch wird es möglich, maßgeschneiderte Materialien mit kontrollierten elektrischen Transporteigenschaften zu erhalten und für die Anwendung in der Halbleiterindustrie zu nutzen.
Publikation in „Nature Communications“
Philipp Vecera, Julio C. Chacon-Torres, Thomas Pichler, Stephanie Reich, Himadri R. Soni, Andreas Görling, Konstantin Edelthalhammer, Herwig Peterlik, Frank Hauke, Andreas Hirsch „Precise determination of graphene functionalization by in-situ Raman spectroscopy“.
Nature Communication: DOI: 10.1038/ncomms15192 (2017).