Auch Pflanzen haben Adern, die Nährstoffe durch ihren ganzen Körper transportieren. Die Organisation dieser Adern wird durch das Hormon Auxin gesteuert. Dieses wandert von Zelle zu Zelle und gibt ihnen damit Positionsinformationen.Wissenschafter am IST Austria entdeckten nun, wie die Zellen das Auxin-Signal in ein Venensystem übersetzen. Die Forscher veröffentlichten ihre Studie in der Zeitschrift Science. Dieses Phänomen tritt auch bei der Wundheilung von Pflanzen auf und könnte zu neuen Erkenntnissen beim Erforschen von mechanisch widerstandsfähigeren Pflanzen führen.
Mit dem Blut pumpt der menschliche Körper Nährstoffe und Sauerstoff durch die Adern unseres Körpers. Pflanzen verwenden einen ähnlichen Mechanismus, das sogenannte Leitbündel- oder auch Gefäßsystem. Auch die pflanzlichen Venen transportieren Nährstoffe. Diese sind für das Überleben der Pflanze und die Größe, Struktur und Position ihrer Blätter entscheidend und ermöglichen die Kommunikation zwischen weit entfernten Pflanzenteilen. Nun entdeckten Wissenschafter aus der Gruppe von Prof. Jiri Friml vom IST Austria, wie das Hormon Auxin die Position von neuen Venen bestimmt. „Auxin entscheidet welche Zellen sich zu vaskulärem Gewebe entwickeln, wodurch es die komplizierten Venenmuster steuern kann“, erklärt Jakub Hajný, der die Studie leitete. Nehmen die Zellen das Auxin-Signal nicht wahr, bilden sich unorganisierte Adern mit Unterbrechungen, die die Nährstoffverteilung einschränken. Im Falle einer mechanischen Beschädigung vermindert dies auch die Regeneration der Pflanze.
Zellorientierung im Gewebe
Schon seit Jahrzehnten vermuteten WissenschafterInnen, dass Auxin das Kontrollsignal für die Venenbildung und Organisation der komplexen Muster ist. Bislang verstand jedoch niemand, wie Zellen dieses chemische Signal entschlüsseln können. Der Friml-Gruppe gelang es nun, die verantwortlichen Proteine, genannt CAMEL und CANAR, als Auxin-Sensor zu identifizieren. Der CAMEL/CANAR-Komplex nimmt vermutlich die Auxin-Konzentration in der Umgebung wahr und ermöglicht es den Zellen somit, ihre Ausrichtung zu synchronisieren, um Venen zu bilden. „Im Grunde funktioniert das System wie ein molekularer Kompass für die Zellorientierung. Anstelle eines Magnetfeldes wird jedoch die Auxin-Konzentration erfasst“, erklärt Jakub Hajný. Hiermit entdeckte das Team die molekulare Basis, die der Auxin-vermittelten Venenbildung und -regeneration zugrunde liegt.
Originalpublikation:
2020, Jakub Hajný, et. al., „Receptor kinase module targets PIN-dependent auxin transport during canalization“, Science.
DOI: 10.1126/science.aba3178