Der Weinbau, einer der bedeutendsten landwirtschaftlichen Sektoren in der Europäischen Union, steht zunehmend unter dem Druck des Klimawandels, der Erträge und Qualität der Trauben negativ beeinflusst. Das europäische Forschungsprojekt VINNY, unter der Leitung der Universität Minho in Portugal, bringt 19 Partner aus zehn Ländern zusammen, um mit innovativen Ansätzen den Chemikalieneinsatz im Weinbau um 50 Prozent zu senken und die Nachhaltigkeit der Branche zu fördern.
Mit einem Budget von 7,8 Millionen Euro fokussiert sich das Projekt auf den Einsatz von Nanotechnologie und Kreislaufwirtschaft.
Kreislaufwirtschaft zur Gewinnung nachhaltiger Pflanzenschutzmittel und Dünger
Das Institut für Verfahrens- und Energietechnik der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) arbeitet im Rahmen von VINNY an der Rückgewinnung von Nährstoffen wie Kohlenstoff, Phosphor und Kalium aus alten Weinreben mittels Pyrolyse. Die so gewonnenen Stoffe werden zu Biokohle verarbeitet, die als Nährstoffträger dient und zusammen mit stickstoffhaltigen Reststoffen einen leistungsstarken Biodünger bildet. Das Pyrolyseöl, ein Nebenprodukt dieses Prozesses, kann zudem als biologisches Pflanzenschutzmittel verwendet werden. „Mit dieser Kreislaufwirtschaft schließen wir den Produktionszyklus der Weinreben und leisten gleichzeitig einen Beitrag zum Umweltschutz“, erklärt Projektleiter Gregor Tondl von der BOKU.
Nanotechnologie für umweltfreundliche Pestizide und Biodünger
Ein weiteres wichtiges Ziel von VINNY ist die Entwicklung umweltfreundlicher Nanopestizide und Nanobiodünger, die über fortschrittliche Nanoverkapselungstechnologien eine intelligente, kontrollierte Freisetzung der Wirkstoffe ermöglichen. Diese neuen Ansätze sollen die Effizienz im Weinbau steigern und die Abhängigkeit von konventionellen Agrochemikalien weiter reduzieren. So werden biostimulierende, bioaktive Wirkstoffe als Biopestizide aus natürlichen Quellen wie Weinreben, Trauben und deren Reststoffen gewonnen. Diese Wirkstoffe bieten eine umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen chemischen Pflanzenschutzmitteln.
Das Bundesamt für Wein- und Obstbau in Klosterneuburg übernimmt die Praxistests der entwickelten Produkte in einem Feldversuch auf einem Weingut in Porto, Portugal. Hier wird das Potenzial der innovativen Lösungen unter realen Bedingungen überprüft. Zusätzlich sollen einige Biodünger in Agrotextilien eingebettet werden, die als Bodenabdeckung dienen und so eine langfristige, nachhaltige Nährstoffzufuhr gewährleisten.
Vernetzung für einen nachhaltigen Weinbau in Europa
Neben den technischen Innovationen verfolgt VINNY auch das Ziel, ein europäisches Netzwerk für nachhaltige Weinbaupraktiken aufzubauen. Durch die Einrichtung von drei Living Labs und einem Leuchtturmprojekt soll dieses Netzwerk Landwirte, lokale Behörden, die wissenschaftliche Gemeinschaft und andere relevante Sektoren verknüpfen. So können die gewonnenen Erkenntnisse verbreitet und der Übergang zu umweltfreundlichen Anbaumethoden unterstützt werden.
Die Ziele des Projekts VINNY stehen im Einklang mit den Missionen der Europäischen Union „A Soil Deal for Europe“ und „Restore our Ocean and Waters“. Diese Initiativen setzen sich für gesunde Böden und ein effektives Wassermanagement ein – ein Beitrag zur langfristigen Sicherung der europäischen Landwirtschaft und Umwelt.