Die VDI-Richtlinie 5708 bietet eine fundierte und zweisprachige Grundlage für die Anwendung von Bioprinting in Forschung, Industrie und Medizin. Sie schafft verbindliche Standards für Qualität, Reproduzierbarkeit und Verständlichkeit in einem dynamischen Technologiefeld.

Entwickelt wurde sie unter der fachlichen Leitung von Dr. Hanna Hartmann vom NMI Reutlingen als Obfrau und Prof. Dr. Jürgen Groll vom Universitätsklinikum Würzburg als stellvertretendem Obmann. Die Richtlinie enthält zentrale Definitionen, methodische Grundlagen sowie Mindestanforderungen an Materialien und Prozesse – und unterstützt damit die Entwicklung innovativer Produkte sowie die Qualitätssicherung entlang der biotechnologischen Wertschöpfungskette.
Warum eine Richtlinie? Einheitlichkeit, Qualität, Verständlichkeit
Die VDI-Richtlinie 5708 „Bioprinting, Methoden und Definitionen“ wurde nach rund eineinhalb Jahren intensiver Ausschussarbeit im April 2024 als Weißdruck veröffentlicht. Entwickelt von einem interdisziplinären Gremium unter der fachlichen Führung von NMI Reutlingen und dem Universitätsklinikum Würzburg, bietet sie erstmals eine systematische und praxisorientierte Grundlage für qualitätsgesicherte Bioprinting-Prozesse.
Das 3D-Bioprinting entwickelt sich dynamisch, doch fehlende Standards erschwerten bislang die Vergleichbarkeit von Ergebnissen, die Qualitätskontrolle von Biotinten und die reproduzierbare Herstellung von Strukturen, die der regenerativen Medizin, der Bereitstellung von Testsystemen für die pharmazeutische Industrie sowie für grundlegende zellbiologische Studien dienen können. Die VDI-Richtlinie schließt jetzt diese Lücke: Sie definiert zentrale Begriffe, beschreibt methodische Grundlagen, empfiehlt Mindestanforderungen für Materialien, Prozesse und Reproduzierbarkeit und unterstützt damit sowohl Forschung als auch industrielle Produktentwicklung. Sie richtet sich explizit an alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette – von Forschungseinrichtungen und Herstellern über Anwender bis hin zu Prüfstellen.
Einheitliche Terminologie in einem transdisziplinären Feld
Mit der neuen Veröffentlichung bietet die Richtlinie Herstellern, Forschenden und Anwendern eine gemeinsame Sprache für die Definition und Anwendung von 3D-Bioprinting-Technologien. „Die transdisziplinäre Aufstellung des Richtlinien-Ausschusses war uns ein zentrales Anliegen“, sagt Dr. Hanna Hartmann, Bereichsleiterin Biomedizin und Materialwissenschaften am NMI. „Sie ist ein entscheidender Schritt, um Forschung und Entwicklung zu harmonisieren.“ Die Technische Regel ist seit dem 1. Mai über DIN-Media erhältlich.
Interdisziplinärer Ausschuss mit klarer Praxisorientierung
Unter dem Vorsitz von Dr. Hanna Hartmann und Prof. Dr. Jürgen Groll arbeitete ein interdisziplinär besetzter Ausschuss mit Vertreterinnen und Vertretern aus Forschung, Industrie, Anwendung und Zertifizierung an der neuen Richtlinie. In zehn Sitzungen wurden zentrale Begriffe definiert, Anforderungen an Materialien, Prozesse und Qualitätssicherung formuliert und die Ergebnisse praxisnah aufbereitet. „Die VDI 5708 ist ein wichtiger Schritt hin zu nachvollziehbaren und vergleichbaren Standards“, erklärt Prof. Jürgen Groll. „Diese sind essenziell für die Entwicklung zukünftiger Produkte – sei es in der regenerativen Medizin, in der Wirkstofftestung oder bei In-Vitro-Diagnostika.“
SOP_BioPrint als Basis – gefördert vom BMBF
Die fachliche Grundlage der Richtlinie stammt aus dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt SOP_BioPrint (FKZ:13XP5071C). Ziel war es, standardisierte Abläufe für das Bioprinting zu erarbeiten – die nun Eingang in die Richtlinie gefunden haben.
Weitere Informationen zum Projekt SOP_BioPrint finden sich auf der Projektseite des NMI. Einen Überblick über aktuelle Entwicklungen im Bioprinting bietet außerdem die Broschüre des BMBF: Bioprinting – Potenziale für medizinische Forschung und Anwendung.
Über das NMI
Das NMI Naturwissenschaftliche und Medizinische Institut in Reutlingen ist eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung und betreibt anwendungsorientierte Forschung an der Schnittstelle von Bio- und Materialwissenschaften. Es verfügt über ein einmaliges, interdisziplinäres Kompetenzspektrum für F&E- sowie Dienstleistungsangebote für regional und international tätige Unternehmen. Dabei richtet sich das Institut gleichermaßen an die Gesundheitswirtschaft wie an Firmen aus dem Fahrzeug-, Maschinen- und Werkzeugbau. Zugleich unterstützt das NMI aktiv Ausgründungen aus dem Institut.
In der Forschung arbeitet das NMI mit zahlreichen hochkarätigen Institutionen wie der Universität Tübingen, dem Universitätsklinikum Tübingen und den Instituten der Innovationsallianz Baden-Württemberg (innBW) zusammen. Das NMI wird vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Baden-Württemberg unterstützt und ist Mitglied der innBW, einem Zusammenschluss von 12 außeruniversitären und wirtschaftsnahen Forschungsinstituten.