Liftoscope: automatisierte und kontaktfreie Herstellung von Zellkulturen

Liftoscope: Fraunhofer-Forscherinnen und Forscher aus Aachen entwickeln ein Mikroskop, mit dem sich die gesamte Zellherstellung automatisieren lässt: vom Ansiedeln der Zellen bis zur Auswahl der geeigneten Zellkultur.

Für individuelle Zelltherapien setzen Mediziner heute bereits oft auf sogenannte induzierte pluripotente Stammzellen, die aus dem Körpergewebe der jeweiligen Patienten gewonnen werden. Diese Zellen lassen sich in verschiedene Gewebearten ausdifferenzieren, sodass beispielsweise durch vorgelagerte Medikamententests an einer Zellkultur des Patienten Nebenwirkungen geprüft und im besten Fall vorab ausgeschlossen werden können. Die manuelle Herstellung der Gewebeproben ist jedoch immer noch mit hohen Kosten verbunden.

Die Herstellung von Zellkulturen erfordert viele Arbeitsschritte, in denen die Zellkulturen sortiert oder isoliert werden. Das medizinische Fachpersonal muss jeden einzelnen Zellkulturträger manuell pipettieren und ungeeignetes oder kontaminiertes Material aussortieren. Die Zellen unterliegen dabei einer mechanischen Belastung, die ihr Wachstum- und Entwicklungsverhalten beeinträchtigen kann.

High-Speed-Mikroskop und LIFT

Ein schonenderes, automatisiertes Verfahren entwickeln jetzt das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT und das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT im Fraunhofer-internen Projekt „Liftoscope“: Dafür wird der Zellkulturträger zunächst von einem automatisierten High-Speed-Mikroskop vollständig gescannt. Bereits während der Aufnahme prüft das Gerät anhand speziell entwickelter Bildverarbeitungsalgorithmen, welche Zellarten sich in den jeweiligen Kulturen entwickelt haben.

Kontaktfreie Herstellung von Zellkulturen mittels Mikroskopie und laserinduzierten Vorwärtstransfer | Foto: Rainer Neumeyer, Fraunhofer ILT

Damit nur geeignetes Zellmaterial weiter vermehrt wird, setzen die Forschenden auf die Technologie des laserinduzierten Vorwärtstransfers, kurz LIFT: Die Kulturen wachsen auf dem Zellkulturträger bereits in einem speziellen Hydrogel. Ein Laser unterhalb des Trägers erzeugt unter den ausgewählten Zellen eine geringe Menge an Wärmeenergie. Durch den Impuls dehnt sich das Gel kurz aus und überträgt die Zellen auf einen darüber liegenden Zellkulturträger, auf dem sie dann nach der Auswahl weiter kultiviert werden.

Sowohl das High-Speed-Mikroskop als auch das LIFT-Verfahren haben die beiden benachbarten Institute in den vergangenen Jahren zunächst unabhängig voneinander entwickelt. Indem die Aachener Forscherinnen und Forscher nun beide Technologien kombinieren, entsteht daraus ein völlig neues, modular einsetzbares System, um Zellkulturen automatisiert und schonend zu selektieren.

Liftoscope als Teil einer automatisierten Laborumgebung

Die Kombination aus Mikroskop und LIFT-Verfahren zur automatisierten und kontaktfreien Herstellung von Zellkulturen kann sowohl autark als auch integriert in eine automatisierte Laborumgebung genutzt werden.

Mit dem Liftoscope-Modul lassen sich nicht nur einzelne Arbeitsschritte automatisieren, sondern auch bereits teilweises automatisierte Laborumgebungen erweitern. Das medizinische Personal wird dadurch von den manuellen Tätigkeiten entlastet und kann sich komplexeren Aufgaben widmen. Die Präzision wird erhöht und die einzelnen Prozesse effizienter und zellschonender ausgeführt.

Richard Lensing, Fraunhofer ILT

Eine vollständig automatisierte Laborumgebung hat das Fraunhofer IPT bereits mit dem Projekt „StemCellFactory“ geschaffen. Dort können automatisierte Verfahren bereits genutzt werden, um die Wirksamkeit unterschiedlicher Medikamente zu testen oder Zellen zu kultivieren.

„Die StemCellFactory eignet sich hervorragend, um auch die Ergebnisse aus dem Projekt Liftoscope zu integrieren. So können wir die Herstellungsprozesse von Zellmaterial noch einfacher und effizienter gestalten“, erläutert Tobias Piotrowski, der das Projekt am Fraunhofer IPT leitet.

Das Forschungsprojekt „Liftoscope“ wird für zwei Jahre im Rahmen eines internen Programms der Fraunhofer-Gesellschaft unter dem Förderkennzeichen 840 056 gefördert.

Birgit Fischer:
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