Green Lab an der TU Berlin

Das Fachgebiet Angewandte Biochemie der TU Berlin will sich im Programm „Green Lab“ von My Green Lab zertifizieren lassen. Die gemeinnützige Organisation wurde von den Vereinten Nationen als ein Hauptakteur benannt für das Ziel, medizinisch-pharmazeutische Firmen und Labore bis 2050 klimaneutral zu machen.

Das Fachgebiet Angewandte Biochemie lässt sich als erstes an der TU Berlin im Programm „Green Lab“ zertifizieren. | Foto: Polina Tankilevitch, pexels

Bereits drei Labore sind in Berlin von My Green Lab zertifiziert worden. Drei weitere – darunter das von TU-Professor Dr. Jens Kurreck – befinden sich im Zertifizierungsprozess.

„In der Ausgangsevaluation haben wir schon einen Bronze-Status erreicht, aber das ist nur die erste Runde“, sagt Fachgebietsleiter Prof. Dr. Jens Kurreck. My Green Lab wolle nämlich nicht nur Bestehendes auszeichnen, sondern in jedem Labor Änderungen anregen. „Dazu hat die Organisation alle Labormitarbeiter anonym mit einem Online-Fragebogen befragt, die Ergebnisse zusammengefasst und daraus Vorschläge abgeleitet.“

Energiesparen bei tiefen Temperaturen

Ein Beispiel, wo Energie gespart werden kann, sind die Kühl- und Gefrierschränken in den Laboren. Zwei dieser Geräte sind sogenannte Ultratiefkühler, die Viren und andere Biomaterialien bei minus 80 Grad Celsius konservieren. Sie machen ein Viertel des gesamten Stromverbrauchs des Fachgebiets aus. Eine Verbrauchsmessung sämtlicher Elektrogeräte hatte Jens Kurreck und sein Team auf die Fährte dieser energiefressenden Kühlgeräte gebracht.

Dieser Ultra-Tiefkühlschrank muss nicht etwa abgetaut werden. Bei minus 80 Grad Celsius friert Kohlendioxid aus der Luft aus und bildet feine Kristalle. | Foto: TU Berlin, W. Richter

Zwei Einsparmöglichkeiten haben sie daraufhin identifiziert: Zum einen lässt sich für nicht so empfindliche Proben die Temperatur in einem der Schränke auf minus 70 Grad erhöhen. Das führt schon zu enormen Einsparungen, denn mit abnehmender Temperatur steigt der Stromverbrauch exponentiell an. „Die zweite Einsparmöglichkeit sollte in einem idealen Labor eigentlich gar nicht möglich sein“, sagt Kurreck. Sie laute schlicht „Aufräumen“. „Wenn Sie bei offener Tür minutenlang Proben suchen, geht viel Wärme auf den Inhalt über. Außerdem müssen Sie das wegen der kleinen Röhrchen mit bloßer Hand machen, bei minus 80 Grad auch kein Vergnügen.“

„Freezer Challenges“ bei My Green Lab

Das Aufräumen der Probenschränke war aber keine singuläre Maßnahme. Das Fachgebiet hat sich nun ein Klassifizierungs- und Ordnungssystem ausgedacht, um Proben besonders schnell zu finden. Den energiesparenden Zeitaspekt bei den Ultratiefkühlern hat auch die Initiative My Green Lab erkannt und veranstaltet unter ihren Mitgliedern regelmäßig „Freezer Challenges“, bei denen die Labore um den am besten optimierten Tiefkühlschrank wetteifern.

Die Hälfte gespart

Doch nicht nur die Kühlschränke haben Jens Kurreck und seine „Nachhaltigkeitsgruppe“ von sieben Personen, die sich einmal im Monat am Fachgebiet trifft, unter die Lupe genommen. Über eingesparte Kilowattstunden (kWh) können sie auch berichten bei den sogenannten Autoklaven: große, waschmaschinenartige Geräte, die bei 134 Grad Celsius und zwei Bar Überdruck biologischen Abfall unschädlich machen. In diese wurde der Abfall bisher dann geworfen, wenn er anfiel, und die Maschine auch gleich angestellt. Jetzt wird der Abfall gesammelt, bis ein Autoklav ganz gefüllt werden kann. Nach mehr als einem Monat mit der neuen Regelung zeigte sich, dass so die Hälfte der Läufe gespart werden kann. Bei einem Verbrauch von etwa 5.000 kWh Strom pro Jahr ein nicht unerheblicher Anteil am Gesamtverbrauch des Fachgebiets von 70.000 kWh.

Einsparpotential: der Jahresverbrauch eines Vier-Personen-Haushalts

Auch die sterilen Werkbänke im Labor haben einen hohen Verbrauch, pro Gerät etwa 1.000 kWh pro Jahr, bei sechs Geräten am Fachgebiet also rund 6.000 kWh pro Jahr – und im ganzen Haus auf dem Campus Wedding der TU Berlin gibt es knapp 50 dieser Werkbänke. Ein kontinuierlicher Luftstrom sorgt hier für eine unsichtbare Wand vor der eigentlichen Arbeitsfläche, durch die Keime weder hinaus- noch hineinkönnen.

Sechs dieser Sicherheitswerkbänke (Cleanbenches) gibt es am Fachgebiet. | Foto: TU Berlin, Dominic Simon

„Schaltet man die Werkbank bei Nichtbenutzung in den Standby-Modus, verbraucht sie nur ein Zehntel des Stroms. Bei mehrstündigen Unterbrechungen kann man sie auch ganz ausschalten“, erklärt Jens Kurreck. Auf diese Weise könne man rund ein Drittel des Strombedarfs der Werkbänke einsparen, hat er ausgerechnet. Also etwa 2.000 kWh. „Das ist nur etwas weniger als der Jahresverbrauch eines Vier-Personen-Haushalts.“

Nachahmung herzlich willkommen

Jens Kurreck und sein Team wollen weitere Labore dazu ermuntern, sich der My Green Lab-Initiative anzuschließen. Auf viele Maßnahmen sei man durch die „Schwarmintelligenz“ der Nachhaltigkeitsgruppe schon von selbst gekommen, auch durch den Einsatz eines mobilen Stromverbrauchszählers. Einige Ratschläge von My Green Lab aber hatten die Forscher noch nicht auf dem Schirm – etwa Verbrauchsmaterial gesammelt zu bestellen, um Verpackung und Transportenergie zu minimieren. Ohne großen Aufwand könne man in einem ersten Schritt bei der Beleuchtung anfangen und Leuchtstoffröhren an der Decke durch LED-Lampen am Arbeitsplatz ersetzen, rät Kurreck. Insgesamt ein Drittel der gesamten Stromkosten des Fachgebiets hofft er durch alle Maßnahmen einzusparen. Davon würden nicht nur die Umwelt und der Kampf gegen den Klimawandel profitieren, betont Kurreck: „Auch wenn sich das nicht auf den eigenen Etat auswirkt, hat man letztlich doch etwas davon. Denn wenn die Uni Geld spart, sichert das unsere Grundfinanzierung.“

Birgit Fischer:
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