Das Fraunhofer-Institut für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP untersucht den Einsatz von Plasma zur Desinfektion ohne chemische Zusätze. Ziel ist es, Flüssigkeiten mithilfe von Plasma so zu behandeln, dass sie antimikrobiell wirksam sind und gleichzeitig umweltfreundlich eingesetzt werden können.

In einer laufenden Studie analysieren Wissenschaftler die Wirkung von plasmaaktiviertem Wasser auf Oberflächen. Erste Ergebnisse zeigen eine Haltbarkeit von über 300 Tagen und eine gute Wirksamkeit gegen Escherichia coli. Die Technologie ist für Anwendungen in Pharmazie, Lebensmittelindustrie und Landwirtschaft vorgesehen.
Plasma als Grundlage für nachhaltige Desinfektion
Zur Behandlung der Flüssigkeiten kommen Atmosphärendruck-Plasmaquellen zum Einsatz, die reaktive Sauerstoff- und Stickstoffspezies erzeugen. Daraus entstehen sogenannte plasmabehandelte Flüssigkeiten (PBF), die antimikrobiell wirken können.
„Das plasmaaktivierte Wasser kann vorab behandelt und dann zum Einsatzort transportiert werden, ohne dass Plasmaquellen oder andere Behandlungsgeräte vor Ort benötigt werden“, erklärt Linda Steinhäußer, Hauptautorin der Studie am Fraunhofer FEP.
Ein Vergleich zweier Plasma-Verfahren zeigt, dass die Bogenentladung eine bis zu vierfach höhere antimikrobielle Wirkung als die dielektrische Barriere-Entladung erzielt. Bei Versuchen mit dem Modellorganismus E. coli wurde eine Reduktion von bis zu vier log-Stufen beobachtet – abhängig vom Oberflächenmaterial, der Einwirkzeit und dem eingesetzten Flüssigkeitsvolumen.
Vielfältige Anwendungen und materialabhängige Wirkung
Die Einsatzmöglichkeiten der Technologie sind breit gefächert. In der Pharmazie und in Reinräumen kann eine Desinfektion ohne chemische Rückstände erfolgen. In der Lebensmittelindustrie eignet sich das Verfahren für Cleaning-in-Place-Prozesse, etwa bei Milchtanks. Auch in der Landwirtschaft sind Anwendungen als Desinfektions- und Düngemittel denkbar, da Stickstoffspezies enthalten sind.
Die Studie zeigt erstmals eine materialabhängige Wirksamkeit. Untersucht wurden Polymeroberflächen wie ABS und PVC sowie Edelstahl. Diese Unterschiede sind für die industrielle Anwendung relevant, da sie eine gezielte Anpassung an verschiedene Materialien ermöglichen.
„Die physikalisch-chemischen Parameter zeigen eine Haltbarkeit von über 300 Tagen bei längeren Plasma-Behandlungszeiten“, so Steinhäußer. Während die Langzeitstabilität der Parameter bereits belegt ist, wird derzeit weiter untersucht, wie sie mit der antimikrobiellen Wirkung zusammenhängt.
Das Fraunhofer-Team arbeitet bereits mit Partnern aus der Pharmaindustrie zusammen und ist offen für weitere Kooperationen. Die Studie entstand in Zusammenarbeit zwischen dem Fraunhofer-Institut für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP in Dresden und dem Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST in Braunschweig.
Originalpublikation: L. Steinhäußer, K. Hain, K. Lachmann, D. Weile, G. Gotzmann. Production, shelf life and surface sanitizing efficacy of plasma-treated liquids. IN: Surface and Coatings Technology, Volume 508, 15 July 2025, 132092. https://doi.org/10.1016/j.surfcoat.2025.132092